26. Mai 2013
„Wer ist eigentlich dieser Mann?“ werde ich gefragt und sofort spüre ich die Ohnmacht zu sagen, wer dieser Mensch „wirklich“, „eigentlich“, in seinem „Wesen“ ist. Ich kann umschreiben und Erfahrungen mit ihm sprachlich ausdrücken: „Er ist ein guter Vater, ein tüchtiger Handwerker, ein begeisterter Wanderer....“ Jede von diesen Aussagen stimmt, und trotzdem habe ich damit nicht gesagt, wer dieser Mensch „seinem Wesen nach ist“. Ein Mensch ist in der Tiefe seines Wesens für andere nicht fassbar, nicht einmal für sich selbst.
Wenn das schon bei einem Menschen so ist, wie ist es dann bei Gott? Es gibt in der Bibel eine Menge von Bezeichnungen für Gott, mit denen Menschen aussagen wollen, wie sie Gott erfahren haben. Aber jedes Reden von Gott ist nur ein schwaches und immer zugleich unzutreffendes Abbilden dessen, wer und wie Gott wirklich ist. Zu arm und zu dürftig ist unsere Sprache, als dass wir sagen könnten, wer Gott seinem Wesen nach ist. Deswegen ist jede Aussage über das Wesen Gottes wahr und gleichzeitig unwahr, weil ungenau und nicht ganz zutreffend.
Ist es aber notwendig das Wesen eines Menschen zu durchschauen, ihn also durch und durch zu kennen? Wenn ein Mann das als Bedingung stellen würde, damit er seine Frau heiraten kann, dann würde es nie so weit kommen. Wichtiger und entscheidend ist, dass er sagen kann, wer sie für ihn ist, was sie ihm bedeutet.
Wer Gott in seinem Wesen „ist“ können wir unmöglich sagen. Wichtiger ist, zu entdecken, welche Bedeutung er für uns und unser Leben hat: Wer ist Gott für uns, für mich?
Die Bibel steckt voll mit Antworten auf diese Frage. Jedes einzelne Buch der Bibel, jeder biblischer Autor, versucht es – auf seine Art – zu sagen. Die Bibel besteht aus Zeugnissen von Menschen, die über ihre Erfahrungen mit Gott sprechen und versuchen zu sagen, was er ihnen bedeutet. In diesen unzählbaren Zeugnissen können wir drei Grundaussagen unterscheiden.
Erstens ist Gott der Schöpfer, der Vater. Er ist Ursprung aller Dinge. Er hat alles ins Leben gerufen. Er gibt Allem sein Dasein: Nicht nur der Erde und allem was auf ihr lebt, sondern dem ganzen Sonnensystem, den Miliarden Galaxien, dem ganzen immer noch wachsenden und sich ausdehnenden Universum, das so groß ist, dass es einem dabei schwindelig wird. Wenn sein Werk so groß ist, wie unvorstellbar groß muss er dann selbst sein? Er ist der Gott über uns.
Aber – und das ist nun das Unglaubliche: Wir Menschen, wir kleinen, unbedeutenden Wesen,diesem Gott wichtig! Weil wir ihn nicht fassen können, weil er für uns zu groß ist, hat er sich uns angepasst, hat in und durch den Menschen Jesus, auf eine menschliche Art, zu uns gesprochen und uns wissen lassen, dass wir zu ihm eine persönliche Vertrauensbeziehung haben können und zu ihm „Vater“ sagen dürfen. Dieser Jesus hat gesagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ und „Ich und der Vater sind eins“. Das ist, wie wir von einem Sohn sagen: „Er ist ganz der Vater! In ihm sehen wir Wesenszüge seines Vaters.“ Deswegen hat man Jesus dann später auch den „Sohn“ genannt. Und dieser hat uns die tröstende Botschaft und Gewissheit gebracht: Gott ist der Gott-mit-uns. Das ist die zweite Grundaussage über die Bedeutung Gottes für uns.
Und drittens – das haben wir zu Pfingsten gehört: Gott hat etwas von sich, von seinem Wesen in uns hineingelegt, etwas von seinem Lebensatem, seiner Lebenskraft, seinem Geist. Er ist der Gott -in-uns.
Diese dreifaltige Bedeutung Gottes für uns ist das Fundament, der Rahmen, die Grundorientierung für unser Sprechen von Gott, für unsere Beziehung zu Gott, für unseren Glauben an Gott. Das Fest der Dreifaltigkeit möchte uns daran erinnern.